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Brexit: Ksoll antwortet Kampffmeyer - Kampffmeyer antworte Ksoll

Auf Facebook hat Wolfgang Ksoll den obigen Beitrag "BREXIT & Information Management" kommentiert: http://bit.ly/28TZv4n. Meine Antwort:

Lieber Kollege Wolfgang Ksoll, vielen Dank für Ihren Kommentar und die aufgeworfenen Fragen zum Thema Datenspeicherung innerhalb der EU. Hier ist in der Tat meinerseits Klärungsbedarf notwendig, da ich zwei Themen zusammengepackt habe, die man auch getrennt hätte behandeln können (ich wollte das Thema aber nciht ausufern lassen). 

> Da ist zum Einen die Frage der Speicherung steuerrelevanter Daten außerhalb Deutschlands und Sie verweisen mit Recht auf die Lockerung in der Abgabenordnung,  §146 Absatz 2a aus dem Jahressteuergesetz 2010. In der Praxis hat sich gezeigt, dass es einem deutschen Tocherunternehmen einer französischen Mutterfirma durchaus genehmigt wurde, die aufbewahrungspflichtigen Daten im Rechenzentrum der Mutter in Paris zu speichern, wenn denn die Steuerprüfung uneingeschränkten Durchgriff in Bezug auf die Uswertbnarkeit erhält." Dies ging in der EU. England wird hier zukünftig nicht mehr dazugehören und besonders Unternehmen, die das Passporting nutzen, werden hier Probleme bekommen.

> Da ist zum Zweiten die Frage der Cloud. Wir sind uns einig, dass es verschiedene Arten der Cloud gibt, von public über hybrid bis zur private Cloud. Wichtige Daten konnte auch bequem in einer private Cloud eines englischen Anbieters speichern. Selbst wenn das Rechenzentrum in Deutschland sich befindet, wird durch die Rechtsraum der Firma hier ein graues, unsicheres Terrain geschaffen, das die Cloud-Anbieter aus England benachteiligen wird. Diese werden dann halt Unternehmen mit eigenen Rechenzentren im EU-Raum gründen (müssen).

In meinem Beitrag bin ich auf die möglichen Konsquenzen für die Briten eingegangen, aber ich möchte noch drei Aspekte hinzufügen, die internationale Auswirkungen aus Anbieter, die Auswirkungen auf die Arbeit von uns beiden in Deutschland und das Thema einheitlicher Wirtschaftsraum haben.

> Internationale Anbieter, besonders die aus den USA, gründeten Unternehmen und Niederlassungen in England, wenn sie in Europa Fuß fassen wollten. Ressourcen, Sprache, Kultur - all dies waren Faktoren, bei der "Eroberung" Europas von England aus zu starten, auch wenn später Einheiten in den verschiedenen Staaten Europas folgten.. Nun müssen sich diese Anbieter neue Strategien der Markterschließung überlegen, denn Groß-Britannien ist nicht mehr das Tor zur EU.

> Groß-Britannien hat in vielen Bereichen von IT und E-Government die Dinge pragmatischer gesehen als andere Staaten. Sie lieber Herr Ksoll haben selbst mehr als einmal darauf hingewiesen, wie einfach und dennoch sicher die geschäftlichen Abschlüsse mit England liefen/laufen - ordnungsgemäßer Footer in der E-Mail langt, nichts mit SIgnatur, De-Mail oder sonstigen Hindernissen. Die Brtiten waren die Unterstützer einfacher Lösungen, nicht nur bei den Signaturen sondern auch beim Thema E-Invoicing und E-Procurement. Nun sind sie raus. Und damit gewinnen die Verfechter von Sonderlocken - wie unsere deutschen Signatur-, sichere-E.-Mail- und ZUGFeRD-Spezies, mehr Gewicht in den Gremien. Hier werde ich die pragmatischeren Briten vermissen.

> Europäische Richtlinien haben die Grundlagen für einen gemeisnamen Markt und einen gemeinsamen Rechtsraum gelegt - auch wenn sie vielfach nicht kosnequent umgesetzt wurden oder sogar massiv überzogen waren. Dieser gemeinsame Rahmen wird zukünftigen Generationen fehlen und nach den aktuellen harten Verwerfungen wird eine Periode der "neuen Ruhe" eintreten, der die langfristigen Auswirkungen für die junge Generation in Europa überdecken könnte. Beide stehen schwächer da, die EU wie auch Großspurig-Britannien. In einer globalen Welt der Informationsnutzung gibt es keine nationalen Grenzen mehr. Und wir beginnen in Europa neue Grenzen zu errichten - physisch quer durch Irland, virtuell im Internet durch neue rechtliche Vorschriften, die - wenn sich noch andere zum Exit entschließen - dazu führen, dass Europa und die europäischen Einzelstaaten global keinerleit Rolle mehr spielen werden. In Punkto IT- und Kommunikationsprodukte und -angebote sind wir in Europa im Vergleich zu den USA und China bereits heute abgeschlagen (übrigens BREXIT meint auch "BRitain-EX-IT-player"). Und je uneiniger und weniger koordiniert die Europäer arbeiten, desto schlimmer wird es. Der BREXIT ist daher in seiner Wirkung auf die Rolle Europas und der europäischen Staaten gar nicht abzuschätzen, zumal sich Europa um andere wichtige Herausforderungen kümmern und nicht jetzt noch Personal für jahrzehntelange Verhandlungen abstellen muss (Grönland dauerte 3 Jahre). Allein im Umfeld der Regularien rund um Information, Kommunikation und IT sind es Hunderte. Stagnation, Ärger, Unsicherheit, Zeitverschwendung. Selbst die englische Spracheverliert an Stellenwert in Europa, wenn jetzt EU-Richtlinien nur noch für die Iren ins Englische übersetzt werden.

Mich persönlich trifft dies sehr, da ich in europäischen Projekten wie MoReq, Europeana und anderen die WIchtigkeit der Zusammenarbeit selbst erfahren habe und mitgestalten konnte. Mein Unternehmen profitiert von Europa (und leidet unter manchen Sonderlocken deutsch-nationaler Ignoranz). Ich habe viele Freunde in Groß-Britannien, die ausnahmslos (bis auf einen) gegen den BREXIT gestimmt haben. Sie wußten warum. Sie wußten aber nicht, dass sie unter dem falschen Banner angetreten waren. "Remain" war passiv, emotionslos, visionslos. Das Motto hätte besser lauten müssen "Forward - together with Europe". Dieses Banner müssen wir jetzt auch in Deutschland höher heben und den national-populistischen Entwicklungen entgegentreten.

Ulrich Kampffmeyer

 

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