beA besonderes elektronisches Anwaltspostfach

beA Besonderes elektronisches Anwaltspostfach

Nun geht es an den Start, das beA Besonderes elektronisches Anwaltspostfach. Es hat einige Jahre gedauert, bis es soweit war. Und damit gibt es auch eine neue Anwendung für die qualifizierte elektronische Signatur (qeS).

Am 28.11.2016 erschien die Pressemitteilung, dass das BEA nun startbereit ist. Eine spezielle Webseite der Bundesanwaltskammer informiert zum Verfahren: http://bit.ly/BRAK-BEA . Während die BRAK (Bundesanwaltskammer) sich in Jubeltönen ergießt, sind aus der Anwaltsschaft weiterhin kritische Töne zu hören. ganz abgesehen davon, dass sowohl Technik als auch rechtliche Situation sich geändert haben. Nach einigem rechtlichen Hin-und-Her musste die BRAK das beA für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte empfangsbereit einrichten.
"Rechtliche Grundlage für den ERV und das beA ist das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (ERV-Gesetz). Mit diesem Gesetz werden unter anderem die entsprechenden Verfahrensordnungen – ZPO, FamFG, ArbGG, SGG, VerwGO, FGO – geändert. Hauptziel ist die stufenweise flächendeckende Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs für alle Gerichtsbarkeiten.
Die Vorschriften treten im Wesentlichen zum 1. Januar 2018 in Kraft. Allerdings verpflichtet das ERV-Gesetz die BRAK mit einem neuen § 31a BRAO bereits zum 1. Januar 2016, für jeden Rechtsanwalt ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) einzurichten."

Zur Erstregistrierung ist eine spezielle Sicherheitskarte – die beA-Karte – erforderlich. Eingesetzt werden soll durch die Anwälte die spezielle „Bundesrechtsanwaltskammer-Signaturkarte“. Zusätzlich soll es auch für Mitarbeiter der Anwälte spezielle Zugriffskarten geben. Das Auf- bzw. Nachladen qualifizierter Zertifikate auf eine beA-Karte zur Erzeugung qualifizierter elektronischer Signaturen ist nunmehr möglich. Den Anwalt kostet dies allein für die "beA-Karte Signatur"  mindestens 49,90 EUR zzgl. USt. Die Kommunikation erfolgt gesichert über ein Web-Portal. Die mit beA verquickte qualifizierte elektronische Signatur mit Signaturkarte und Pin, die jeder Anwalt für die formelle elektronische gerichtliche Kommunikation spätestens ab dem 1.1.2018 einsetzen muss, ist seit über 20 Jahren in Deutschland gesetzlich verankert - konnte sich aber nicht durchsetzen. Durch die europäische Gesetzgebung eIDAS, die am 1.7.2016 in Deutschland Gesetzeskraft erlangte, sind auch andere Signaturen aus anderen europäischen Ländern in Deutschland anzuerkennen (gilt dies für Anwälte aus dem Ausland und/oder den Einsatz ausländischer Signaturverfahren durch deutsche Anwälte?). Auch treten neben die personengebundene Signatur nunmehr auch Fernsignaturen, Zeitstempel und Siegel. Nach De-Mail-Gesetzgebung dürfte ein Anwalt auch per De-Mail rechtskräftig Schriftsätze elektronisch versenden - was aber keiner nutzt. Und im JKomG Justizkommunikationsgesetz sahen die Wege der Kommunikation auch noch anders aus als mit dem beA. Und noch eine weitere offene Flanke gibt es - wie sicher ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung des beA-Verfahrens?

Im Ausland, wie z.B. England oder den USA, sind deutlich einfachere Verfahren üblich. Hier langen für die rechtskräftige Übermittlung Identität und Passwort in dem man sich auf die Portale des Gerichtes einlogged. So gesehen wird auch das beA nicht den Durchbruch der qualifizierten elektronischen Signatur in Deutschland bringen. Denn auch ungeklärt ist, wie der absendende Anwalt seine elektronischen Übermittlungen aufbewahren muss. Gelten hier Schriftform und Signaturgesetz so muss auch die Signatur "rechtskräftig bewahrt" werden - d.h., es muss archiviert und nach TR-ESOR über den Zeitraum der Aufbewahrungsfrist.nachsigniert werden. 

Ob sich unter all diesen Gesichtspunkten das beA durchsetzt - oder ob weiter artig mit Fax und Brief kommuniziert wird - muss sich zeigen.    

Kommentare

Noch komplizierter

In dem erwähnten ERV-Gesetz wird z.B. die ZPO dahingehend geändert, dass der Rechtsanwalt einen elektronischen Schriftsatz mit qualifizierter Signatur unterzeichnen muss und dann z.B. mit De-Mail zusenden kann. Falls denn das Gericht seinen Zugang eröffnet hat. Nach dem E-GovG aber haben viele Bundesbehörden rechtswidrig aber ihren Zugang für De-Mail nicht geöffnet. Also selbst wenn man annähme, dass eIDAS eine gute Alternative für einen Anwalt wäre, dass er sich vielleicht im Ausland eine ID besorgt(es soll international tätige Anwälte geben), dann bekommt er weitere Probleme: - nach der ZPO muss er eine qualifizierte Signatur nehmen - im Bund haben sich zwei Ministerien die Arbeit geteilt: das BMI kümmert sich um den ID-Teil von eIDAS, das BMWi um den Vertrauensdiensteteil. Da müsste dann der RA raus finden, ob er sich auf den ID-Teil berufen kann (der aber erst 2018 die Notifizierung bei der EU für die eIDS plant) oder aber ob er einen Vertrauensdienst nutzt. Das BMWi hat gesagt, dass das Signaturgesetz wegen Inkompatibilität zu eIDAS weg fällt, hat aber noch kein Änderungsgesetz in die parlamentarische Beratung gebracht, obwohl eIDAS seit Mitte 2016 anwendbar ist. - würde nun Lichte in dieses rechtliche Chaos kommen, müsste die BRAK zudem prüfen und zulassen, ob ATOS alle anderen Vetrauensdeinste mit implementiert hat oder ob man im wöchentlichen Takt (ab 2018?) dann neue Software einspeilen muss, deren Funktion man nicht versteht, deren Gültigkeit nicht nachvollziehen kann, aber rechtlich anzuwenden ist. Dieses alles ist ein nicht praktikables Chaos, das deutsche Juristen hier in ihrer Weltfremdheit angerichtet haben. Anwälte in UK und USA können E-Filing zu Gericht einfach mit User/Passwort verrichten. Deutschen Kollegen wird aber dieser Bürokratieaufwuchs zugemutet, ohne dass der begründet wird. Sind deutsche Rechtsanwälte krimineller als US- und UK-Kollegen, muss das Schutzniveau deshalb höher? Wo ist die WiBe für diesen Bürokratieaufwuchs? Warum schweigt der Normenkontrollrat, dass hier maßlos Bürokratie ohne Nutzen aufgebaut wird, statt wir gefordert abgebaut wird? Warum wird zugelassen, dass die von der Verfassung gebotene Verhältnismäßigkeit missachtet (oder verachtet?) wird? Verständlich aber wird bei diesen Schildbürgerstreichen, dass E-Government auf viele Jahre in Deutschland mausetot ist. Ermordet von weltfremden Juristen. Dieses nationale Schrott ist nicht heilbar ohne brutale Reformen. Und beim E-Invoicing deutet sich der nächste Schrott an: Während man in den USA seit 20 Jahren mit Internetstandards (nach EDI)Rechnungen austauscht, werden in Deutschland derzeit zur Umsetzung der EU-Invoice-RL zwei nationale Standards entwickelt, die nicht mal zu den Österreichern kompatibel sind, geschweige den EU-weit. Nachhaltig ist in Deutschland nur das Ermorden von E-Government. Im §14 UStG hat man die Signaturpflicht vom Finanzministerium wieder abgeschafft, weil es dem ums Geld geht. Aber in den anderen Bereichen haben sich die Walldorf-Schüler mit freiem Spielen durchgesetzt. Man muss sich schon schämen.

Das beA - willkommen in der digitalen Steinzeit

Es ist deprimierend, mit welchem Engagement sich die Justiz, die öffentliche Verwaltung und ihre Schnittstellenpartner, im internationalen Vergleich lächerlich macht.
Während die Industrie sich bereits mit der Digitalisierung schwer tut, erklärt die Justiz mit dem beA, für die Herausforderungen der Zukunft nicht bereit zu sein.
Anders ist es nicht zu erklären, dass man auf eine Technologie setzt, die seit 16 Jahren niemand haben will.
Während sich die Anwälte zunehmend mobil aufstellen, hantiert das beA immer noch mit anfälligen Karten. Ich habe bereits im Feldversuch 1999 mit der Datev zur qeS darauf hingewiesen, dass die Karten viel zu leicht defekt gehen, wenn man auf Reisen ist. Auch den Unsinn, die Korrespondenz mit den Gerichten einem speziellen Verfahren zu unterstellen, während die Korrespondenz mit den Mandanten in anderen Systemen erfolgt, hat man trotz Hinweisen nicht abgestellt.
Und so ist es auch diesmal wieder nur der Versuch, ein tot geborenes Pferd zu reiten.